»Überstunden«, sagt Herr Mörschel lakonisch. Und zu Pinneberg zwinkernd: »Sie machen auch manchmal Überstunden, nicht wahr?«

»Ja«, sagt Pinneberg. »Ziemlich oft.«

»Aber ohne Bezahlung —?«

»Leider. Der Chef sagt … «

Herrn Mörschel interessiert nicht, was der Chef sagt. »Sehen Sie, darum wäre mir ein Arbeiter für meine Tochter lieber: wenn mein Karl Überstunden macht, kriegt er sie bezahlt.«

»Herr Kleinholz sagt … « beginnt Pinneberg von neuem.

»Was die Arbeitgeber sagen, junger Mann«, erklärt Herr Mörschel, »das wissen wir lange. Das Interessiert uns nicht. Was sie tun, das interessiert uns. Es gibt doch ’nen Tarifvertrag bei euch, was?«

»Ich glaube«, sagt Pinneberg.

»Glaube ist Religionssache, damit hat ’n Arbeiter nischt zu tun. Bestimmt gibt es ihn. Und da steht drin, daß Überstunden bezahlt werden müssen. Warum krieg ich ’nen Schwiegersohn, dem sie nicht bezahlt werden ?«

Pinneberg zuckt die Achseln.

»Weil ihr nicht organisiert seid, ihr Angestellten«, erklärt ihm den Fall Herr Mörschel. »Weil kein Zusammenhang ist bei euch, keine Solidarität. Darum machen sie mit euch, was sie wollen.«

—Hans Fallada, Kleiner Mann – was nun?, (Stuttgart/München: Deutscher Bücherbund GmbH & Co., 1985), 23.

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