Moralische Sicht

Die Zeit:

Polen bekräftigt Absage zur Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer

Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine Gesetzesnovelle unterschrieben, die zu Zeiten einer Mobilmachung bis zu zehn Jahre Haft für Soldaten vorsieht, die desertieren oder vor dem Feind kapitulieren. Die Änderungen des Strafrechts sehen zudem vor, dass Befehls­verweigerung künftig ebenfalls mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Putin unterzeichnete auch ein Gesetz, das die Einbürgerung von Ausländern beschleunigt, wenn sie sich zum Kampfeinsatz verpflichten.

Die polnische Regierung will Russen nicht in ihr Land lassen, auch wenn diese vor der Einberufung in den Krieg fliehen wollen. Außenminister Zbigniew Rau sagte auf die Frage, ob Polen es Russen erleichtern sollte, sich dem Militärdienst zu entziehen: Sowohl aus sicherheitspolitischer als auch aus moralischer Sicht sei es „höchst unratsam“, eine größere Zahl an Russen aufzunehmen. „Wir haben beschlossen, die derzeitige Erteilung von Visa an Bürger der Russischen Föderation einzustellen und damit die Touristenvisa abzuschaffen“, sagte Rau.

Ω Ω Ω

Alle Tage

Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.

Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung
den Himmel bedeckt.

Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.

—Ingeborg Bachmann, 1952

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