einestages: Herr Terry, Sie haben als einziger Ihrer Familie den Holocaust überlebt.
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Sie haben erst als Geologe gearbeitet und dann Medizin studiert, um Psychoanalytiker zu werden. Hat dies mit Ihrem Schicksal zu tun?
Terry: Ja, unbedingt. Ich entschied mich dafür, als ich als Geologe im Dschungel von Venezuela gearbeitet habe. Dort sah ich im Geiste den Appellplatz von Flossenbürg, wo Häftlinge versuchten, einem Sterbenden ein Stück Brot abzunehmen. Ich wollte versuchen zu verstehen, wie es möglich ist, dass Menschen so tief sinken können. Ich wollte wissen, warum Menschen das taten, was ich erlebt habe, warum Menschen tun, was sie tun. Und ich wollte jenen Menschen versuchen zu helfen, die in der gleichen Lage waren wie ich. Zu meinen Patienten gehörten etliche ehemalige KZ-Häftlinge.
einestages: Sind diese Menschen überhaupt therapierbar?
Terry: Kurze Antwort – nein. Sie leben mit dieser schrecklichen Erfahrung weiter, und sie hatten auch nicht die Möglichkeit, während des Kampfes ums eigene Überleben den Tod ihrer Angehörigen zu betrauern. Eine solche Trauerarbeit ist eminent wichtig. Obwohl ich Flossenbürg so schnell wie möglich verließ, hat Flossenbürg mich nie verlassen. Für uns, die ehemaligen Häftlinge, wurde diese Vergangenheit zum Fundament unseres gezeichneten Lebens.